„Kinder winken mir‚ Mama, da Tatütata’,
die Minister labern, laber’ lieber du mal da,
Tatütata - keiner reagiert…. - das System kollabiert.“
(Mellow Mark Tatütata 2023)

Nach seiner EP Rescue Män (Sept 2025) bringt Mellow Mark im November dieses Jahres sein zehntes Album-Baby auf die Welt: Rescue Love.
Der durch VIVA, MTV, Stefan Raabs BUVISOCO und THE VOICE OF GERMANY bekannte Echopreis-Gewinner, der früher Dreadlocks trug, war lange von der Bildfläche verschwunden.

Der Albumtitel klingt für mich von Anfang an vielversprechend und sympathisch. Ich beschließe, mir ein Bild zu machen und einen Artikel zu schreiben.

Zuerst vermute ich eine Anspielung auf seinen erfolgreichsten Song „Was geht ab mit der Liebe“, seinen Indie-Hit „Soul Revolution“ und denke bei Rescue Love an den Slogan „Rettet die Liebe“.
Aber nein! Umgekehrt: Es bedeutet ‚Liebe für die Rettung‘!

Als Mellow-Mark-Followerin der ersten Stunde frage ich mich, wie kommt ein einst eher systemkritischer Underground-Star dazu, sich Sorgen um die Notfallversorgung zu machen?

Die Antwort:
Mellow Mark ist seit 2020 Rettungssanitäter. Seine Biographie erlebte nach persönlichen Schicksalsschlägen und Existenz-Krisen plötzlich einen überraschenden Plot-Twist und er sattelte zu Beginn der Pandemie kurzentschlossen um.

Auf dem 14-Track starken Album Rescue Love finde ich eine tanzbar-groovende Melange aus Afropop, Triphop, Reggae und Singer/Songwriter-Sound. Produziert von verschiedensten Produzenten, gemastert von Reggae-Legende Ganjaman im Planet Earth Studio Berlin.
Der Stilmix ist edgy und neben fetten Studiotracks klingen andere Songs so wunderbar pur und minimalistisch, als wären sie zu Hause produziert worden. Wieder punktet Mellow bei mir, dieses Mal durch seinen Mut zu Unperfektheit.

Beim Hören wird mir bewusst, hier brennt ein hungriger und gleichzeitig sehr erfahrener Künstler, der für dieses Album zwar kein Majorlabel-Budget, aber all sein Talent in die Waagschale legt. Ohrwürmer mit Gänsehautqualität.
Seine Lyrics fließen leicht, doch dahinter steckt fortgeschrittenes Storytelling, ich finde mich zwischen Action und Emotion wieder, oft mit bitterbösem Humor gespickt. Neue Inhalte im gewohnten Mellow-Mark-Flow erlauben Einblicke in eine ungewohnte Welt, in das Blaulicht-Milieu. Er singt und rappt u.a. von lustigen Fehleinsätzen, übergriffigen Patienten, tödlichen Unfällen, Suizidversuchen, gebrochenen Herzen, Mobbing oder Liebesaffären am Arbeitsplatz und Autofahrern, die die Rettungsgasse blockieren.

Die Message ist Empathie

Was sich für Normalmenschen anfangs etwas nerdy anhört, ist die neue Lebens-Wirklichkeit des einstigen Vollblutmusikers.
In Krisenzeiten wie diesen, wäre es zu erwarten gewesen, dass der alte Mellow, wie ich ihn kenne, auf das Zeitgeschehen eingeht, sozialkritisch, vielleicht mit erhobenem Zeigefinger.
Doch Mark geht einen neuen Weg. Er erzählt persönliche Geschichten.
Und ohne es zu wissen, punktet Mellow gerade damit noch mehr bei mir und überzeugt mein Kritikerinnenherz restlos.
Zufall oder Absicht? Wie so oft liegt der Schlüssel im Detail. Mellow Mark hebt im künstlerischen Sinne seine persönlich erlebten Rettungs-Einsätze auf eine Metaebene, die uns alle betrifft.
Der globale Notfall spiegelt sich im Mikrokosmos des Einzelnen wieder.
Und zwei Dinge haben alle Notfälle gemeinsam:
Die Lebens-Gefahr und die Hoffnung auf Rettung.
Mellow Marks Geschichte macht Mut und zeigt, dass wir das alle können: Dabei mithelfen zu retten, zusammenhalten. Die grundmenschlichste Eigenschaft. Genauso, wie man selbst gerettet werden möchte, so sollte man auch anderen beistehen. Marks Botschaft bleibt - so gesehen - gleich:
Es ist cool, Gutes zu tun. Empathie kann jede/r.

Rescue Love inspiriert und suggeriert: Rettungskräfte sind gar keine Superhelden. Im Gegenteil: Sie sind gar nicht so anders als wir. Sie sind Menschen, sie lieben, sie hassen, sie stehen unter Druck und machen manchmal Fehler. Und sie brauchen unseren Support und unsere Wertschätzung. Sie sind das Rückgrat der Gesellschaft und um fortzubestehen, braucht diese Gesellschaft aktives Mitmachen, keine passive Konsumhaltung, kein Wegsehen. Jeder Mensch ist ein Sani-Täter.

Es ist ungewöhnlich, neben all den Provokationen im heutigen Musikbusiness für etwas Gutes zu stehen. Neben all den aufmerksamkeitssüchtigen Content Creatorn und Influencern im kreativen Bereich, den Weg der Verantwortung einzuschlagen, neben all der Spaltung und Hetze zum Zusammenhalt aufzurufen und den Fokus zu lenken auf positive Vorbilder, Alltagshelden:
Pflege, Rettung, Feuerwehr, Seelsorge u.v.m..

Ein steiniger Weg, gerade weil diese Helden ja doch allzu menschlich sind und neben der Härte der Arbeitsbedingungen auch oft noch den Frust der Patienten ertragen, in manchen Fällen sogar Gewalt erleben.

Selbst ein „Sani“ geworden, stellt Mellow Mark nun die Frage: Wer rettet die Retter?
Wer kämpft für die Personen, die das Rückgrat der Gesellschaft bilden, die sich aufopfern und die all zu oft ausbrennen, weil der Personalmangel nicht genügend Raum für Regeneration zulässt?

Aufruf zum Mitmachen / CALL TO ACTION

Mit einem speziell für ihn angesprayten Sportwagen geht Mark nun als RESCUE MÄN auf RESCUE-LOVE-Mission und fährt damit zu Rettungswachen und Pflegeheimen. Auf der Suche nach menschlichen Begegnungen, auf der Suche nach Gesprächspartnern. Auf der Suche nach Schlüsselmomenten und Face-to-Face-Diskussionen.
Er kommt mit Wertschätzung, Empathie und mit seinem neuen Album, sicher auch, um seine Musik zu verbreiten, vor allem aber, um denjenigen eine Bühne zu geben, die von der Politik oft übergangen, von der Gesellschaft oft als selbstverständlich abgehakt werden und die doch immer für uns alle da sind.

Wer sich von dieser Idee angesprochen fühlt, ist aufgerufen, sich beim Rescue-Love-Team zu melden und wird dann in den Tourplan mit eingebaut.

Mellow Mark ist ein Künstler mit Haltung. Nach lebenslanger Sinnsuche schenkt er seine Stimme den wirklichen Helden. Und er stellt seine Kunst in den Dienst der Allgemeinheit.
Sein Erfolg ist unser aller Erfolg.

Ich bin gespannt, wie Mellow Marks Album aufgenommen wird, so ganz ohne den Support eines Major Labels oder großen Sponsors. Mich hat es weitestgehend überzeugt. Passend zu den Worten des Schriftstellers David Orr (die oft fälschlicherweise dem Dalai Lama zugesprochen werden) :

"The plain fact is that the planet does not need more successful people. But it does desperately need more peacemakers, healers, restorers, storytellers, and lovers of every kind.

„Es ist offensichtlich Tatsache, dass der Planet nicht noch mehr „erfolgreiche Menschen“ braucht. Aber er braucht verzweifelt dringend mehr Menschen, die Frieden stiften, heilen, reparieren, Geschichten erzählen und Liebende jeglicher Art.“